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25.05.2025 23:02
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Tarick Logart
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Joined: May 21, 2025
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Noch ehe das Licht des neuen Tages ganz durch die hohen Fenster des Klosters gefallen war, erhob sich Tarick vom Gebet. Das Gespräch mit Ihrer Eminenz hatte ihm seine Aufgabe klar vor Augen geführt und zugleich den Drang zu helfen wie eine brennende Flamme in seiner Brust entfacht.
Die Kunde vom Fall der Hochlandburg, tief im Norden, hatte das Kloster erreicht. Und mit ihr kam der Ruf der Pflicht. Er hatte bereits auf seinen Reisen davon gehört, zunächst nur als flüchtiges Gerücht, doch nun herrschte Gewissheit.
Schwester Arane selbst hatte ihm den Auftrag erteilt, im Norden zu helfen. „Zusammenhalt und der Friede zwischen den Völkern hat Vorrang“, sagte sie ihm – und er sah dies ebenso.
Mit ruhiger Hand setzte sich Tarick an einen der alten Eichentische in der Schreibstube des Klosters, nahm Feder, Tinte und ein Stück Pergament zur Hand und begann zu schreiben:
"An die ehrenwerte Führung des Nordens,
mit tiefem Bedauern und gläubiger Entschlossenheit habe ich vom Fall der Hochlandburg vernommen. Die Nachricht von Leid, Verwüstung und der Erschütterung, die über das Land gekommen ist, erfüllt mich mit Sorge – und mit dem Wunsch, zu handeln.
Als Priester der Kirche Avias, gesegnet mit heilenden Händen und getragen vom Licht der Göttin, biete ich meine Hilfe an. Möge mein Kommen Trost bringen, Wunden lindern und Hoffnung neu entfachen. Wo das Dunkel die Herzen bedrängt, dort will ich Licht entzünden. Wo Schmerz herrscht, will ich Heilung spenden.
Nach Rücksprache mit Ihrer Eminenz Arane Sonnenglanz verlasse ich das Kloster zum Inneren Frieden unverzüglich und mache mich auf den Weg gen Norden, zur Stadt am Rande der Welt.
Sollte meine Ankunft von Nutzen sein, bitte ich um Nachricht. Andernfalls werde ich demütig dort verweilen, wo meine Hilfe gebraucht wird.
Möge Avias Licht Euch leiten und schützen.
Hochachtungsvoll
Tarick Logart, Jünger Avias"
Mit sorgsamem Griff versiegelte Tarick den Brief, übergab ihn einem der Klosterläufer und bat ihn, das Schreiben mit Eile zur Bank in der Stadt am Rande der Welt zu bringen, mit dem ausdrücklichen Wunsch, es dem zuständigen Bänker zu übergeben, damit dieser es an die Führung der Stadt oder eine Person von entsprechender Bedeutung weiterreiche.
Tarick selbst hatte noch einige Dinge im Kloster zu ordnen und würde erst mit dem nächsten Schiff aufbrechen.
Am folgenden Tag jedoch, mit Stab und Tasche in der Hand, trat er die Reise gen Norden an, ohne Umwege, ohne Zweifel, und mit dem festen Glauben, dort von Nutzen zu sein. Dort, wo das Licht gebraucht wurde.
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27.05.2025 21:50
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#2
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Aelia
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Joined: Jun 21, 2015
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Der Schnee knirschte dumpf unter den Stiefeln der Wache, als sie das Schreiben brachte. Aelia saß bereits am schweren Eichentisch des alten Besprechungsraumes im Langhaus der Eiszapfenhalbinsel, ein dampfendes Trinkhorn mit Met vor sich, als das Schriftbild des Kaiserlichen auf dem Pergament sichtbar wurde.
Runa, schweigend rechts neben ihr, sah auf. Sie sagte nichts. Doch Aelia wusste, sie nahm jedes Wort und jeden Geruch wahr.
In einer anderen Ecke des Raums stand Gisella. Stolz, aufrecht, schwer gerüstet. Sie vernahm ebenfalls die Worte Taricks, die verlesen wurden, mit einer eher erzwungen stoischen Miene.
Der Brief war formell, fast zart in seinem Ton. Zuviel Licht, zuviel Hoffnung für die Kälte, die im Norden herrschte – nicht nur im Wind, es fühlte sich auch so an, als würde es in die Gedanken und Herzen aller eindringen wollen.
Ein Jünger Avias. Tarick Logart. Anhänger der Lichtgöttin Avia. Mit heilenden Händen oder vielleicht mit Feuer und Kampfgeist.
Aelia las den Brief zweimal. Dann nahm sie die Feder, rieb die Tinte an und schrieb – langsam, präzise. Sie riss sich zusammen, das Wort Bürokrat kam ihr kurz in den Sinn, aber sie gab sich nicht dem Genervtsein hin.
An Tarick Logart, Jünger Avias,
gesandt vom Kloster zum Inneren Frieden,
und getrieben vom Wunsch zu helfen.
Eure Worte sind angekommen. Wie auch der Schnee fällt, ohne nach Erlaubnis zu fragen, so sind sie nun Teil unseres Feuers, das wir hier hüten.
Ihr sprecht vom Licht. Vom Wunsch, Trost zu spenden.
Seid willkommen in der Stadt am Rande der Welt – aber verlasst den Gedanken, ihr kämt in ein Land, das euer Licht kennt.
Wir beten hier nicht zu Avia. Wir kennen weder große Kirchen noch ein Kloster.
Unser Glaube liegt woanders – in der Erde, in den Fäden des Schicksals, die von der Weberin gehalten werden. Ihr seid ein Reisender auf einem fremden Pfad. Respektiert das, und ihr werdet gehen dürfen, wohin eure Füße euch tragen.
Eure Hilfe wird nicht zurückgewiesen, wenn sie aus ehrlichem Herzen kommt. Heiler sind rar, Kämpfer sind rar.
Aber erwartet keine weichen Betten und keine Altäre. Hier ist das Blut der Prüfstein.
Wenn ihr standhaltet, wird man euch achten. Wenn ihr fallt, wird man euch begraben, wie jeden anderen.
Erkundet die Lage. Wandert zur Eiszapfenhalbinsel. Sprecht mit denen, die Verwundete versorgen. Wenn ihr euren Weg findet – gut. Wenn nicht – dann war der Ruf wohl nicht für euch bestimmt.
Aelia vom Bärenclan,
Ratsführerin des Nordens
Sie rollte das Schreiben zusammen, versiegelte es mit dem einfachen, rauen Zeichen des Bärenclans – kein Wappen aus Gold, sondern gegerbtes Leder mit dem Abdruck eines Krallenabdrucks in Asche.
„Er soll kommen, wenn er will“, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Runa.
Runa antwortete nicht. Ihre Augen lagen auf dem Brief wie Schnee auf einem Grabstein.
Die Wache durfte gehen und das Schreiben mit zur Stadt am Rande der Welt mitnehmen, um dort zu berichten, dass die Eiszapfenhalbinsel und der Bärenclan die Geschicke des Nordens übernommen haben.
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