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Questforum » Harek Sturmwolf

Author: Sir Said, Staff Elantharil
26.06.2025 16:17
Es begann mit den Jägern.
Zwei Männer aus dem Bärenclan, deren Namen man sonst nicht kannte, kamen in der Dämmerung ins Dorf. Schnee hing schwer in ihren Bärten, ihre Stiefel waren rissig, und einer von ihnen trug den linken Arm in einem provisorischen Verband – tatsächlich nicht von einem Feind, sondern vom eigenen Sturz im vereistem Geröll. Die Sprengungen hatten Nachwirkungen.
Sie sprachen leise, wie Männer, die etwas gesehen hatten, das größer war als Worte.
„De kamen aus de Nordbiegung. Übers Meer, fast bei de Orks.“
„Ey sah, wie de Nebel wich, als die da durchliefen.“
Das Feuer in der Bärenhöhle knisterte. Bauern, Heiler, Schmiede – alle hörten zu, wie die Männer ihre Geschichte wiederholten. Und bei jedem Mal klang sie klarer, kälter, glaubhafter.
„Eisläufer. Vierzig. Vielleicht mehr.“
„Sie... säuberten.“
„De Toten, de sich dort gesammelt hatten – Splitter der Horde, versprengte Schatten – wurden zerschlagen.“
„Die nutzen keyne Magie. Sie sangen keyne Lied. Aber die ließen nix zurück, das sey hätte erheben können.“
Der Name Harek Sturmwolf fiel irgendwann. Einer der Alten murmelte ihn, als hätte er das Echo eines Kriegerspiegels gehört.
„De Bastard?“
„De Freie Wolf.“
Man war sich uneins. Doch die Kunde selbst ließ sich nicht zurücknehmen. Die Eisläufer rückten an – sie waren keine Armee, sondern ein Zeichen, das sich in die Gedanken der Menschen einbrannte.
Ein alter Mann mahnte zur Vorsicht.
Denn niemand im einfachen Volk wusste, warum sie den Umweg Richtung Bärenclan nahmen.
Und niemand wusste, ob sie wirklich kamen – oder nur zeigten, dass sie es könnten.

„Ey kenn den, den Harek“, die Stimme des Alten erhob sich.
Das Schweigen nach dem Bericht der Jäger hielt nicht lange. Es war der alte Gunnvar, der es zuerst brach – ein zahnloses Lächeln in einem wettergegerbten Gesicht, dessen Augen noch so lebendig blitzten wie das Feuer, das er sich näher heranzog.
„Harek Sturmwolf, sagts? Tss. Ey hab dem nochn Arsch versohlt, als er kaum kniehoch war, de Bengel.“
Ein paar der Jungen lachten. Nicht, weil sie ihm glaubten, sondern weil Gunnvar eben Gunnvar war.
„War’n Bastard, ja – aber keyner, der kauert. De hat schon als Bub den Wind angeschrien, wenn’s zu still war. Und weisst, warum de dem folgen, de Eisläufer? Ey sag's. Weil nicht er sey gesucht hat – de Sturm hat den gerufen.“
Einige der Umstehenden rückten näher ans Feuer.
„Der war kaum zwanzig Winter alt, als eyn großer Orkan kam. Eyner, wo alle dachten, die Weberin selbst trennt die Berg. Und Harek? Is raus. Mit bloße Füßen inne Schnee. Stand er da, ganz allein, aufm Grat, de Arme ausgestreckt, als wär der selber de Blitz.“
Er machte eine Geste – weit, wie das Kreuz des Nordens.
„Und dann – de Schlag. Ein Blitz, so nah, dass de Wölfe verstummten. Und er? Hat nicht mal gezuckt. Nicht gefallen. Nur dagestanden. Und dann gelacht. Nur ein Lachen. Deshalb nennen de Eisläufer den den Erwählten des Sturms.“
Gunnvar senkte die Stimme, und das Feuer knackte in der Pause wie zur Bestätigung.
„Die Eisläufer? Die glauben nicht an Blutlinien. Die glauben an Zeichen. Und wennde mit de Sturm redest und lebend zurückkommst – dann biste du des Zeichen.“
Ein paar der jungen Wachen wechselten Blicke. Ob es wahr war oder nicht – es klang wie etwas, das sich selbst glaubte.
Gunnvar lehnte sich zurück, grinste breit und zeigte dabei drei schlechte Zähne.
„Er hat ney nur überlebt. Er hat de Sturm gezähmt. Und jetzt kommt er, weil er herrschen will. Weil er brennt wie die – aber nach innen. Und weil er ihnen eyn Ziel gegeben hat. Keyn Geld, keyne Beute oder Rache. Sondern Richtung!“
Ein paar nickten langsam. Andere schüttelten den Kopf.
Aber keiner widersprach.
Und in der Dunkelheit, zwischen den Funken des Feuers, wirkte die Geschichte fast wie Wahrheit.

Author: Lykke Ratatoskr
26.06.2025 21:12
Das Feuer in der Höhle knackte, langsam und gleichmäßig. Draußen fiel der Schnee wie Staub vom Himmel, lautlos, alles dämpfend.

Ein paar Wachen ruhten. Die meisten hatten sich nun zurückgezogen. Nur zwei jüngere Kriegerinnen sprachen leise am Rand. Und Lykke saß in der Nähe des Feuers, den Blick auf das Spiel der Flammen gerichtet, als wäre etwas dort, das sie lange nicht gesehen hatte.

Dann, leise, fast beiläufig, sagte sie unter der Wolfsmaske:

„Ik kenn dat andere Seite der Geschichte.“

Einer der Männer hob den Kopf. „Welche?“

„Von Harek.Vom Sturm.“

Sie wartete einen Moment, dann fuhr sie fort, die Stimme ruhig, aber wach – wie jemand, der ein altes Lied nicht singen, sondern erinnern will.

„Dat is so wie se sagen: Dat Blitz kam. Un er stand. Aber Eirikur erzählte mir einst, als ik noch ein Mädel war, dat Harek nicht allein war, als er auf dat Grat stieg.“

„Da war jemand vor ihm. Ein Mann namens Tharun – vielleicht ein Name, vielleicht nu ein Platzhalter. Er führte eine Splittergruppe von dat Eisläufer. Stolz. Stark. Ein Berserker, Versteher von dat Wind und Gestein.“

Sie sah in die Flammen, die sich an einem harzigen Holzstück sammelten.

„Niemand wees, wat dort geschah. Nur dat Harek allein zurückkam. Kein Blut an ihm. Kein Schrei. Nur Stille. Und dann kam dat Blitz – direkt neben ihn. Nah jenug, dat de Boden schwarz wurde. Aber jo er blieb. Wie verankert.“

Jemand flüsterte: „Der Sturm hat ihn verschont.“

Lykke nickte – und widersprach gleichzeitig.

„Oder dat Sturm hat erkannt, was da stand – und hat sich entschieden, nicht zu stören. Meen Vater sagte damals: ‚Manche Männer bringt dat Schicksal, andere nehmen ihm dat Zügel ause Hand. Und wenn du dat tust, Lykke, dann sieh zu, dat du weest, wer du am Ende bist. Denn dat Blitz fragt nich, auf wen er fällt. Nur, ob du zuckst.‘“

Sie schwieg einen Moment. Der Wind draußen fing an zu pfeifen – nicht laut, aber schneidend.

„Harek kam zurück. Un niemand fragte nach Tharun. Niemand wagte.“

Sie sah auf und nahm die Maske ab. Ihr Blick war nicht finster. Aber alt. Älter, als jemand in ihrem Alter schauen sollte.

„Vielleicht ist er dat Sturm selbst. Vielleicht dat, wat nach nem Sturm übrigbleibt.“

Dann sagte sie nichts mehr.

Und das Feuer brannte weiter, still, wie etwas, das zuhört.




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