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Rinka spähte in die Dunkelheit hinein, während sich eine andere Gestalt am Schloss der Tür hinter ihr zu schaffen machte. Ein leises Klicken, dann war die Tür geöffnet und die beiden Frauen traten in den dunklen Gang hinein. Zwei Türen konnte sie links und rechts in dem schmalen Flur ausmachen, während sie der anderen Frau folgte. Das Zimmer in dem sich die beiden ungebetenen Gäste einquartiert hatten, war nach ihren augenblicklichen Maßstäben beinahe prunkvoll eingerichtet. Ein Bett, ein Tisch, ein Schrank, eine Truhe und viel Platz. Gemeinsam hatten die beiden Frauen die Umgebung des Hofes in der Abenddämmerung abgesucht und hatten sich dann dazu entschlossen sich im Hof einzuquartieren. Die Umgebung war eigentlich recht gut einsehbar, wenn man von der Schlucht mit dem wilden Irrgarten und der Mine im Gebirge einmal absah. Zu zweit könnten sie sich auch zwei übersichtliche Punkte suchen um die Nacht über möglichst viel der Umgebung im Auge zu behalten, oder regelmäßig und abwechselnd Rundgänge durchführen. Die Kälte machte Rinka zu schaffen, weshalb sie sich dazu entschlossen hatten, es sich in Raos Zimmer auf dem Hof gemütlich zu machen und abwechselnd hinaus zu gehen. Selbst unter ihrer Rüstung, eingewickelt in eine Robe und Umhang fror sie. Zwei bis drei Tage sollten sie vor Ort bleiben, alles im Auge behalten und wenn sie etwas entdecken würden, zurückkehren um Bericht zu erstatten. Sie würde jede kalte Nachtstunde davon hassen. Flora verließ das Zimmer, machte einen Rundgang um den Hof und kehrte ebenso leise wieder zurück wie sie gegangen war. Im Licht der Kerze unterhielten sie sich. An Rinka war es hauptsächlich Fragen zu stellen, während Flora ihr Antworten gab. Die Kälte kroch langsam in ihre Glieder, auch die Decke, die sie auf dem Bett sitzend um sich herum geschlungen hatte half nur wenig. Etwa eine Stunde nach dem ersten Rundgang von Flora stand Rinka auf und löste sich damit aus dem um sie gelegten Arm unter der Decke, um den zweiten Rundgang zu übernehmen. Abwechselnd verließend die beiden immer wieder den Hof für ihre Rundgänge, bis die Nacht dem Morgen wich.
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Angst, Blut und Rauch Es war dunkel, als sie das Licht der Laterne auf dem Weg bemerkte. Eine Laterne, wie sie in den Schächten der Mine häufig verwendet wurde. Rinka saß etwas oberhalb des Weges zwischen Felsen, sie saß schon lange dort und inzwischen war sie ungeduldig. Sie wollte irgendetwas tun. Der Mann mit der Laterne entpuppte sich als Garos. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie ihn noch nie außerhalb von Eisendorf gesehen. Sie folge dem Licht der Laterne mit einigem Abstand, immer abseits des Weges bleibend und hoffte, dass weder vom Zugang des Bergpasses, noch aus Richtung des Klosters eine berittene Patrouille auftauchen würde. Garos blieb an der nächsten Kreuzung stehen und sie kauerte sich hinter einen der Felsen. Im Dunkel und auf dem Gras schien sie nicht aufzufallen. Der Vorarbeiter wartete einige Zeit, vergewisserte sich noch einmal in alle Richtungen und setzte dann seinen Weg fort, hinauf in Richtung des Bauernhofs. Vor der Tor hielt er Inne, die Scharniere hatten offenbar Rost angesetzt und knarrten verräterisch laut, als Garos das Tor öffnete und hinter sich schloss. Rinka beschleunigte ihren Schritt, bis sie die Hecke erreicht hatte. Sie konnte Stimmen vernehmen, wenn auch nur Bruchstücke von dem was gesagt wurde. Der Vorarbeiter unterhielt sich mit einer weiteren Person, die auf einer Bank an der Hauswand saß. Um mehr zu verstehen, hätte sie näher heran gemusst. Das Tor zu öffnen, hätte beide Männer auf sie aufmerksam gemacht und hinüber zu klettern traute sie sich nicht. Vielleicht hätte sie sich irgendwo durch die Hecke zwängen oder diese anders überwinden können, doch sie traute sich nicht. Garos war ihr allein was die Kraft anging vermutlich weit überlegen und den anderen Mann konnte sie nicht wirklich erkennen und einen Namen hatte sie nicht vernommen. Vom Tor aus hatte sie zumindest einen etwas besseren Blick auf die beiden und konnte sehen, sobald Garos sich wieder in ihre Richtung bewegte. Auch die worte wurden klarer zu ihr herangetragen. Der zweite Mann laß gerade etwas, während Garos ihm mit der Laterne Licht spendete. Das Treffen endete und Rinka verfluchte ein weiteres mal die Angst, die sie zurückgehalten hatte, denn es bedeutete, dass Garos sich wieder dem Tor, an welchem sie kauerte nähern würde. Ein gutes und sicheres Versteck konnte sie nicht finden, also ließ sie alle Vorsicht fahren und rannte davon. Sie wartete bis der Vorarbeiter auf dem Weg an ihr vorbei gegangen war, bevor sie zu dem Hof zurückkehrte. Der Mann saß noch immer auf der Bank, vielleicht war er eingenickt. Sie war sich selbst nicht sicher, wie sie vorgehen sollte. Es war ein Glücksspiel, wenn sie Pech hatte, würde sie sich selbst in größere Schwierigkeiten bringen, als sie ohnehin schon hatte. Als sie das Tor öffnete, war ihr klar, das in dieser Nacht noch Blut vergossen werden würde. Ihres oder das des Unbekannten, denn fortgehen lassen konnte sie ihn nun nicht mehr. Und vielleicht war er ja doch der, den sie suchte. Larrius war misstrauisch, als Rinka an den Rand des Lichtkegels der Fackel trat. Er sah anders aus als beschrieben. Das Haar war eher grau, die Kette aus einem Metall, welches sie nicht kannte. Insgesamt sah der Mann für sie auch nicht wie ein Kaufmann aus. Am ehesten hätte man ihn als einen Gardisten beschreiben können. Er behauptete von sich selbst Leutnant zu sein. Ihre Geschichte war nicht durchdacht, aber sie tat was sie tun sollte. Sie kaufte ihr Zeit. Als Larrius vor ihr her ging holte sie die Phiole aus dem Bustier, entkorkte sie und trank. Der Aufprall der Phiole auf dem Gras war nicht weiter zu hören. Augenblicklich spürte sie eine Wirkung. Keine, wie sie sie bislang erfahren hatte, wenn sie eine Pastille oder einen Trank getrunken hatte. Es war eine Art Hochgefühl, welches von ihr besitz ergriff. Sie konnte spüren wie der Trank seine Wirkung entfaltete. Nicht mit einem mal, sondern Schubweise. Der Dolch hing hinter ihrem Rücken im Bund der Hose, mit ihrer Linken hatte sie ihn bereits ergriffen. Ihre Rechte drückte sie an seine Brust und strich von dort aus weiter hinauf zu seinem Hals, bis die Hand in seinem Nacken ruhte und seinen Kopf sanft, aber bestimmt hinab zu ihren wartenden Lippen zog. Als sie ihre Lippen von den seinen trennte, waren seine Augen geschlossen. Mit ihrer Hand griff sie in sein Haar, riss damit seinen Kopf nach hinten. Sie war selbst überrascht von der Kraft, welche sie dabei anwendete. Zeitgleich riss sie den Dolch hinter ihrem Rücken hervor und trieb ihn in den Bauch des Mannes. Larrius ging zu Boden, der Widerstand viel unerwartet gering aus. Seine Hand trat sie beiseite und presste ihr Knie auf seinen Brustkorb. Warmes Blut sickerte aus der Wunde heraus. Sein Mantel und auch ihre Hose sogen sich langsam damit voll. Der erste Stich hätte vermutlich bereits ausgereicht, doch Rinka trieb ihm den Dolch noch in den Hals. Sie wollte sicher sein, dass er tot war. Erst dann wurde ihr der gelöste Gesichtsausdruck des Mannes bewusst, welchem sie gerade das Leben genommen hatte. Zitternd stand sie da und ließ den Dolch fallen. Die Fackel war in das Stroh gefallen und es begann sich bereits Rauch zu bilden. Über kurz oder lang würde das Heu wohl Feuer fangen und den Stall niederbrennen. Zumindest hoffte sie es, als sie ihre Robe und die Fackel ergriff. Letztere warf sie in die Heuballen, griff sich den Dolch und lief davon. Hinter ihr stieg Rauch auf.
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Wie das Abschießen eines Pfeils Um mit einem Bogen einen Pfeil ins Ziel zu bringen bedarf es mehrere Schritte. Man nimmt einen Pfeil aus dem Köcher und drückt die Nocke über die Sehne... Rinka warf sich ihre einfache Robe über, als sie Eisendorf ein gutes Stück hinter sich gelassen hatte und das Tor nicht mehr sehen konnte. Noch einmal blickte sie zurück, als sie die Weggabelung erreichte und entschied sich dann einfach geradeaus zu gehen und abzuwarten, bis es dunkler geworden war. In der Nacht dürfte es leichter sein den berittenen Patrouillen auszuweichen, war der Fackelschein doch weithin die Schlucht hinauf und hinab zu sehen. ...man streckt den Arm, die Finger der anderen Hand greifen die Sehne ober- und unterhalb des Pfeils… Immer wieder verließ sie den Weg und wartete bis die Berittenen vorbeigezogen waren und genügend weit fort waren um sie nicht mehr zu sehen, wenn sie die Wiese verließ, ihren Weg hin zu der Ruine suchte und sich zwischen den Felsen und heruntergekommenen Mauerwerk verbarg. Die Kapelle sollte weit genug vom Weg entfernt liegen um zumindest nicht sofort die Gardisten anzulocken, wenn sich hier zwei Leute unterhielten und nicht so weit, als dass sie im Tageslicht aus ihrem Versteck zwischen den Felsen und Gräsern heraus nicht sehen konnte, ob sich jemand auf dem Weg nach Eisendorf oder hinauf zu ihr befand und bei Nacht waren Fackeln und Laternen sicherlich weithin sichtbar. ...der Pfeil ist die Verlängerung des Armes, der Ellenbogen angehoben, so dass er eine Linie mit dem Pfeil bildet… Jedes mal wenn sie eine Kutsche oder eine andere Gestalt auf dem Weg Richtung Eisendorf sah meldete sich das mulmige Gefühl in ihrem Bauch. Ihre Hände begannen zu kribbeln und sie sah immer wieder zu dem unter einem Stein verborgenen Dolch. Die Phiole hatte sie griffbereit in ihrem Bustier verborgen. Das Wenige was ihr zur Verfügung stand hatte sie inzwischen mehrfach überprüft um sicher zu gehen das es auch wirklich da war. Sie versuchte sich dadurch von ihrer eigenen Ungeduld abzulenken. ...man richtet die Spitze des Pfeils auf das Ziel und lässt die Sehne los...
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Wie der Sand einer Sanduhr Nacht für Nacht stand sie am Fenster ihres Zimmers, beobachte den Platz und das Tor der Bergarbeitersiedlung. Ungeduldig trommelten ihre Finger an dem Mauerwerk. Anfangs hatte sie noch auf dem Bett gesessen, ihre Ruhe bei der Betrachtung der Kerzenflamme gesucht. Sie hatte sich abgelenkt und den Dolch untersucht, diese kostenlose Waffe, deren Preis nur ein Menschenleben sein sollte. Ihres oder seines, dessen war sie sich selbst noch nicht sicher. Rinka hatte den Trank entkorkt und daran gerochen, nur um sich von der immer stärker werdenden Unruhe abzulenken. Die Vermummte hatte davor gewarnt ihn zu trinken bevor die rechte Zeit gekommen war. Die Zeit verging, tagein tagaus ging sie in die Mine und sie war es leid. Wenn man Sand zu einem Berg anhäuft, war irgendwann ein einziges Sandkorn, das auf die falsche Stelle fiel, ausreichend um den ganzen Berg abrutschen zu lassen. Dieses Sandkorn fiel in dieser Nacht. Sie wollte endlich das Gefühl haben etwas zu tun und nicht nur ihre Zeit mit warten verschwenden. Nach all den Tagen hatte sie sich an ihr ungepflegtes äußeres gewöhnt. Rinka betrat am nächsten Morgen die Mine und hielt die Augen nach Garos offen. Gegen nachmittag würde sich ihm nähern und ihm mitteilen, dass sie eine Nachricht überbringen soll. Man habe etwas, das Larrius suche und man könne sich über einen Preis einig werden. Man erwarte ihn allein in der Kapelle südlich des Eingangs zum Gebirgspass auf halbem Wege nach Eisendorf. Bei Nachfragen würde Rinka antworten das sie nicht mehr wisse. Ihr Lohn für das überbringen der Nachricht wären fünf Silberdrachmen gewesen, eine Summe bei der sie keine Fragen gestellt hätte. Sobald die Nachricht überbracht ist, würde sie Eisendorf noch in der Abenddämmerung verlassen und sich zu der Kapelle begeben. Die Sanduhr wurde umgedreht. Korn fiel auf Korn und ein neuer Berg entstand. Welches Sandkorn würde wohl dafür sorgen, dass der Berg ein weiteres mal in sich zusammen fiel?
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Reden ist Silber - Ein zweites Treffen Es war ein frischer Morgen in Eisendorf. Rinka hatte den großteil der Nacht damit zugebracht der Kerze dabei zuzusehen, wie sie niederbrannte. Bislang war Larrius noch nicht erschienen. Garos weiter zu beobachten hatte bislang keine neuen Erkenntnisse zu Tage gefördert. Sie hatte Alisa gerade einige Münzen überreicht und mitgeteilt, dass sie das Zimmer noch einige Tage länger mieten würde und wollte sich wieder aufmachen in die Mine, als eine Gestalt die sie vorher kaum bemerkt hatte ebenfalls hinaustreten wollte und sie aufforderte das Dorf zu verlassen. Auch wenn sie anders aussah, war Rinka klar, dass es dieselbe Frau wie vor nicht allzu langer Zeit in den Höhlen war. Sie erkundigte sich danach ob alles nach Plan lief. Nunja einen Plan hatte Rinka nicht direkt. Alles was sie wusste war das Larrius in den nächsten Tagen ankommen sollte, doch nicht ob und falls ja wie lange er bleiben würde. Das war immerhin etwas. Dass die Informationen welche Larrius suchte bestätigte ihr die Vermummte. Johann hatte sich zum alleinigen Ermittler in dieser Sache aufgeschwungen. Den Grund dafür erfuhr Rinka etwas später, wobei sie hauptsächlich zuhörte. Die Vermummte erklärte ihr viele der Zusammenhänge, fragte sie sogar ob sie noch etwas benötigen würde, doch das was Rinka wohl am ehesten gebraucht hätte, war in dieser kurzen Zeit nicht zu bewerkstelligen. Rinka vermutete, dass die Einschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten durch sie und die Fremde zu recht unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Das was man am ehesten noch als Plan hätte bezeichnen können verwarf die Vermummte. Dengra war anscheinend kein Ort an den Larrius sich wagen würde. Wenn überhaupt, würde er wohl einen Mittelsmann schicken. Und auch dieser würde wohl mit leeren Händen wiederkommen, denn sie war sich anscheinend sicher, dass der Kommandant die Informationen nicht verkaufen würde. Rinka erfuhr in dem Gespräch vieles über die Zusammenhänge in Dengra, auch wenn keine Namen genannt wurden, indem sie zuhörte. Offenbar verfolgte ein jeder dort eigene Ziele und hatte seine Wege diese auch zu erreichen. Dass ihr all diese Zusammenhänge offenbart wurden, konnte eigentlich nur bedeuten, das man davon ausging dass sie nicht darüber reden würde. Sie hätte auch nicht gewusst mit wem sie darüber reden sollte und wer weiß wofür dieses Wissen vielleicht noch einmal gut war. Für Rinka wurde es Zeit wieder in die Mine zu gehen, sie wollte ungern Larrius verpassen. Außerdem musste sie sich erneut Gedanken machen, denn wenn Larrius nicht nach Dengra reisen sollte, musste sie überlegen wie sie sonst an ihn herankommen könnte. Je länger sie darüber nachdachte, welche Möglichkeiten sie hatte, kamen ihr doch immer wieder die Worte der Fremden in den Kopf. “Zieht knappere Kleidung an, wickelt ihn um den Finger”, hatte sie gesagt, auch wenn es dabei nicht um Larrius ging, könnte ihr dieser Rat womöglich weiterhelfen. Männer waren doch fast alle gleich. Es gab nur diese eine Taverne, wenn Larrius also wenigstens eine Nacht in Eisendorf bleiben würde, musste er dort übernachten. Sie könnte sich in der Taverne an ihn heranmachen vielleicht sogar ein wenig betrunken machen, oder an seine Tür klopfen als eine von Garos geschickte Dirne, die sein Bett in dieser Nacht wärmen sollte. Der Gedanke rief unwillkürlich Erinnerungen in ihr wach, die sie in den letzten Wochen so weit es ging verdrängt hatte, doch wenn es ihr helfen sollte an Larrius heran zu kommen, wäre es wohl das Mittel auf das sie sich am besten verstand. Eine geschickte Berührung des Armes hier, ein Lächeln, ein verführerischer Blick dort... sie kannte die Werkzeuge gut genug. Eine Entscheidung würde sie erst treffen können, wenn Larrius tatsächlich eingetroffen war. Je nachdem wie er auf die Neuigkeiten des Vorarbeiters reagieren würde, sollte sie diesem Treffen ebenso wie dem ersten beiwohnen können.
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Wissen ist Macht - Ruhig schlafen nur die Unwissenden Die Kerze war in den letzten Nächten doch bedeutend kleiner geworden. Rinka saß wieder auf ihrem Bett, doch dieses mal war der Grund ein anderer als in den Nächten zuvor. Sie war nicht so lange in der Taverne geblieben wie in den letzten Tagen, die Gespräche der Kumpel war sie eigentlich schon seit dem ersten Abend überdrüssig und nach allem was an diesem Abend geschehen war, musste sie erst einmal nachdenken. Während sie in die Flamme starrte massierte sie ihre Hände. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, konnte sie das Kribbeln wieder in diesen spüren. Das Gefühl der Anspannung und Angst, die von ihrem ganzen Körper besitz ergriffen hatte, als sie den Entschluss gefasst hatte der Frau zu folgen. Sie hatte schon oft genug Gesprächen zwischen zwielichtigen Gestalten beigewohnt, doch dies war das erste mal gewesen, dass sie nicht zwischen den Sprechenden auf samtenen Kissen lag. Bei dem Gedanken strich sie mit ihren Fingern über helleren Streifen an ihrem Hals. Dieses mal war es anders gewesen und doch hatte es sie genau dorthin zurückversetzt. Sie hatte in den letzten Tagen vieles beobachten können und nichts davon hatte ihr Bild über die Menschen des Kaiserreichs positiv beeinflusst. Garos als Person war ihr zuvor nicht sonderlich aufgefallen, doch das Gespräch hatte einiges verändert. Die Frau und der Vorarbeiter waren miteinander durchaus vertraut umgegangen. Vom Auftreten und dem Gesprächsverlauf ausgehend, war sie vermutlich eine Spionin, die angeheuert wurde um Informationen zu beschaffen. Das was sie herausgefunden hatte war für Garos und Larrius vielleicht enttäuschend, für Rinka jedoch war es von unvorstellbarem Wert. Die Frau hatte die Behauptungen der Vermummten aus den Höhlen unabhängig bestätigt. Jemand hatte sich darum gekümmert, dass Spuren verschwunden waren. Der Kommandant von Dengra schien auch aus einem ihr unbekannten Grund in all dies Verwickelt zu sein. Wenn er wirklich eine Liste mit Namen besitzen sollte, würde der ihre auch darauf stehen? Sie biss sich auf die Unterlippe. Sollte sie lange genug leben, würde sie herausfinden müssen ob diese Liste wirklich existierte und ob ihr Name darauf stand. Sie hatte es schon am Ende des Treffens mit der Vermummten vermutet. Sollte sie leben, würde sie nicht nur mit einem Mord erpressbar sein, sondern mit zweien und mit dieser Liste gab es möglicherweise sogar noch mehr und auch der Kreis derer die etwas gegen sie in der Hand hatten wurde größer und größer. Larrius würde in etwa einer Woche in Eisendorf eintreffen und sich dann mit Garos treffen. Sie dachte darüber nach ob es irgendwelche Hinweise gab ob Larrius in die Mine oder der Vorarbeiter zu ihm gehen würde. Die Vermummte hatte gesagt das Larrius dabei war Tharns Geschäft zu übernehmen. Wenn das stimmte, dann war letzteres wahrscheinlicher und wenn sie dem Gespräch ebenso lauschen könnte, würde sie erfahren wie Larrius nächste Schritte aussehen würden. Sie kaute noch immer auf ihrer Unterlippe herum. So viel Glück würde sie wohl kaum noch einmal haben. Solche Gespräche wurden für gewöhnlich nur in den Balladen genau dort geführt, wo die Helden ihnen lauschen konnten um die Pläne der Schurken zu durchkreuzen. “Eine schöne Heldin…”, murmelte sie der Kerzenflamme zu. Vielleicht konnte sie die nächsten Tage ja irgendwo dort arbeiten, wo sie zumindest mitbekommen würde, wenn Larrius die Mine doch betreten sollte um sich mit dem Vorarbeiter zu treffen, oder wenn dieser zu ungewöhnlicher Zeit nach ablauf der nächsten Woche die Schächte verließ. Und wie würde es dann weitergehen? Die Informationen die Larrius suchte befanden sich in Dengra, also musste er von Eisendorf dorthin gelangen? Würde er mit der Kutsche reisen oder zu Pferd? Würde er sofort aufbrechen oder zumindest noch eine Nacht warten? Hatte er Geleit dabei oder war er allein? Und dann war dort noch die Frage, deren Beantwortung zwar noch warten musste, aber trotzdem wie mit Krallen an der Tür zu ihrem Geist kratzte. Wenn man genug Münzen hatte um eine Spionin zu beauftragen, die sich mit einem Vorarbeiter in einer Miene traf, wie weit reichte dann der Arm, dessen Hand und Finger diese Personen bewegten? Die Kerze erlosch und vom letzten Rest des glimmenden Dochts stieg ein dünner Rauchfaden auf. Zumindest hatte sie eine Art Plan für die nächsten Tage bis zum Eintreffen von Larrius gemacht. Auch hatte sie noch einmal über die Vorschläge der Vermummten nachgedacht. Das Larrius sich lange genug alleine in einem der Schächte aufhielt erschien ihr unwahrscheinlich und um des Nachts in ein Zimmer einzudringen fehlten ihr die Fähigkeiten. Also blieb noch die dritte Möglichkeit, sobald Larrius Eisendorf verlassen würde. Wissen ist Macht, doch zu wissen, dass die eigene Lebensflamme in nicht einmal mehr so vielen Tage erlöschen könnte, wie sie Finger hatte, sorgt nicht dafür das sie besser schlafen würde. Ruhig schlafen nur die Unwissenden...
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Wenn die Vergangenheit einen einholt Drei Nächte hatte sie durchschlafen können, hatte alles von sich abfallen lassen und angefangen sich Gedanken über ihre Zukunft zu machen und dann waren doch alle Gedanken hinfällig gewesen. Aus dem Nichts war die Frau erschienen, bewaffnet und mit Wissen, welches sie nicht haben sollte. Sie hatte einen Augenblick darüber nachgedacht zu fliehen, den Gedanken jedoch schnell wieder verworfen. Einem Pfeil auf einer schmalen Brücke zu entgehen, hatte in etwa ebenso hohe Aussichten auf Erfolg, wie sich unbewaffnet auf einen Kampf einzulassen. Selbst wenn sie eine Waffe besessen hätte, es hätte keinerlei Unterschied gemacht. Dieser Tatsache waren sich sowohl sie, als auch die Unbekannte mehr als bewusst. Zu ihrem Glück, wollte die Frau jedoch nur an einem ungestörten Ort reden, die Beschreibung “erpressen” wäre in den Augen der Unbewaffneten ebenso treffend gewesen. Es wurden Hände geschüttelt, Gefallen eingefordert und falsche Fährten gelegt um ihre Vergangenheit vorerst in eben dieser zu belassen, doch dies würde nicht lange so bleiben, denn jemand war auf der Suche nach ihr und würde die Vergangenheit sicherlich nicht ruhen lassen. Sie sollte sich nun darum kümmern, die Fremde, oder besser jene die hinter ihr standen, wollten dafür sorgen das sich der Mann nach Eisendorf begab. Irgendwann in den nächsten zwei bis drei Wochen. Ihr Auftrag war es nun dafür zu sorgen, das die Vergangenheit sie nicht durch seine Nachforschungen einholte. Zwei Dinge bekam sie überreicht. Einen Trank, von dem die Frau ihn anpries als wäre es ein Elixier das sie plötzlich übermenschlich stärken würde und einen Dolch, der die Aufgabe für sie vereinfachen würde. Sie hatte keinerlei Erfahrung im Umgang mit Waffen, doch sie hatte mehr als einmal mit angesehen, wie eine Klinge in die Eingeweide eines Mannes oder einer Frau gestochen wurde, die versucht hatten Tharn zu hintergehen. Larrius hingegen hatte selbst schon mehrfach selbst Blut an den Händen. Die Fremde gab ihr noch einen Ratschlag wie sie es anstellen würde. Entweder in der Mine, oder wenn Larrius Eisendorf verließ. Sollte sie eine brutalere und offene Vorgehensweise bevorzugen könnte sie auch versuchen ihn in seinem Zimmer in der Taverne “Zum humpelnden Oger” zu ermorden. Jetzt wo sie sich die Worte noch einmal durch den Kopf gehen ließ, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken, denn nichts anderes war die Aufgabe, die sie bekommen hatte. Und was würde geschehen, sollte sie überleben? Die Fremde wusste dann von zwei Morden, mit denen man sie in Verbindung bringen konnte. Den Dolch hatte sie in dem Stoffbündel belassen und in den Tiefen einer Truhe verborgen. Das war vor sechs Tagen gewesen, nun holte sie sich das Bündel wieder, traute sich jedoch nicht es an diesem Ort zu öffnen. Dengra - Anfang oder Ende eines Weges Eine Woche war seit diesem ungewollten Treffen vergangen, eine Woche in der sie weniger erreichte, als sie gehofft hatte. Sie wollte sich zumindest Kleidung besorgt, mit welcher sie nicht ganz so auffallen würde, wenn sie sich auf den Weg machen würde. Teilweise war ihr dies gelungen. Auch hatte sie sich Gedanken über die Reise gemacht. Sollte sie versuchen heimlich zu reisen? Die Wege waren des Nachts vermutlich noch gefährlicher und sollte sie bei dem Versuch unauffällig zu reisen und sich zu verstecken aufgegriffen werden, hätte sie wohl noch weit mehr zu erklären. Also beschloss sie am Tage reisen, zumindest von Dengra aus, nachdem sie in Erfahrung gebracht hatte wie sie von dort aus nach Eisendorf gelangen konnte. Unter Kaiserlichen hatte sie mehr Jahre verbracht als unter Ihresgleichen. Ihre Art zu sprechen und ihre Verhaltensweisen waren ihr vertrauter und in Dengra wurden nicht viele Fragen gestellt, wenn sie die Worte der Frau richtig interpretiert hatte. Von einer perfekten oder wenigstens guten Vorbereitung konnte man kaum sprechen, doch noch mehr Zeit durfte sie nicht verstreichen lassen, wenn sie zumindest die Chance wahren wollte die Vergangenheit hinter sich zu lassen, und so brach sie des Nachts von der Blume aus auf in die Sümpfe, mit nichts weiter dabei als einigen Münzen, von denen sie hoffte sie würden für die Wochen ausreichen, einem Dolch und der Phiole. Modriger Geruch stieg in ihre Nase, als der Teppich landete. Sie hatte sich die Robe übergeworfen und einen Umhang umgelegt. Das Kopftuch war zu einem Halstuch geworden und die Kapuze der Robe fiel ihr ins Gesicht. Dengra erschien ihr wenig einladend, doch nach allem was sie gehört hatte, wurden in Dengra wenig Fragen gestellt und sollte sie doch jemand ansprechen, hatte sie noch etwas in der Hinterhand. Verglichen mit dem Juwel oder der Oase war Dengra geradezu verwinkelt, doch der Weg den sie beschreiten musste war eindeutig. Es gab nur zwei Brücken, die aus dem Dorf hinaus führten, wovon eine tiefer in den Sumpf führte, während an der anderen ein Kutscher darauf wartete Reisenden seine Dienste anzubieten. Kurz dachte sie darüber nach mit der Kutsche zu reisen, doch die wenigen Münzen die ihr noch blieben, würde sie wohl in den kommenden Tagen in Eisendorf benötigen. Der beschriebene Weg klang einfach, wenn auch für einen Fußmarsch sehr weit, doch wenn sie erst in der Abenddämmerung ankommen sollte, machte ihr dies auch wenig aus. Die berittenen Patrouillen auf dem Weg entgingen ihr nicht. Mehrfach passierten sie die Wanderin, auch die Kutsche kam einmal an ihr vorbei. Der Weg nach Eisendorf stieg an, die Abzweigungen denen sie folge führten sie an die Tore verschiedener Bauernhöfe. In ihren Augen wenig interessant. Weit interessanter waren die kleinen Schreine, die ein wenig Abseits des Weges zu finden waren. Nur zwei von ihnen würden sich für einen Hinterhalt im eigentlichen Sinne eignen, doch darüber konnte sie sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine weiteren Gedanken machen. Der zweite Ort gefiel ihr noch ein wenig besser, war er doch höher gelegen und nur über einen schmalen Weg zu erreichen. An diesem ließ sie sich nieder und dachte noch einmal über ihre Situation nach. Noch hatte sie die Möglichkeit umzukehren, davonzulaufen und an einem anderen Ort ein neues Leben zu beginnen. Bis erneut jemand in ihr Leben treten würde und ihre Vergangenheit sie einholte. Wenn sie der Vermummten glauben wollte, dann würde dies eher früher als später geschehen, denn wenn sie darauf hoffen wollte, das noch einmal jemand hinter ihr aufräumen würde, so hätte sie auch versuchen können die Vermummte anzugreifen. Dies zu überleben erschien ihr ebenso Wahrscheinlich. Zuerst holte sie das Stoffbündel hervor und rollte es neben sich auf dem Gras aus. Der Dolch sah wertvoll aus, anders als jene die Tharns Halsabschneider bei sich trugen. Selbst der reich verzierte Dolch mit dem Tharn sich zu wehren versucht hatte, kam dem in ihrer Hand nicht im entferntesten nah. Sie fuhr die einzelnen Reliefs auf dem Griff nach, bevor sie die Ätzungen auf der Klinge betrachtete. Sie musste nicht erst mit dem Finger über die Klinge fahren um zu wissen, das sie scharf war. Die Phiole schob sie wieder in ihr Dekolleté unter der Robe. Eine Südländerin würde sicherlich in einem Dorf voller Kaiserlicher auffallen. Sie dachte darüber nach ob sie versuchen sollte ihre Herkunft zu verschleiern, doch selbst wenn sie es gewollt hätte, sie würde niemals alle Anzeichen verstecken können. Sie war auf der Suche nach ihrem Weg, weshalb also nicht auch in Eisendorf. Sorgfältig umwickelte sie den Dolch wieder mit dem Tuch, schob ihn unter die restliche Wegzehrung und machte sich auf den restlichen Weg nach Eisendorf. Eisendorf - Geduld ist Endlich Als sie den massiven Torbogen passierte, dämmerte es bereits. Eisendorf war wirklich nicht mehr als ein Dorf. Es gab nur einige wenige Häuser, die sich um einen offenen Platz drängten. An einem hing ein Schild, das darauf hindeutete, das es sich hierbei um die Taverne handeln musste, von der die Vermummte gesprochen hatte. Sie ging weiter und erkundete auf diese weise den Ort. Sie fand die Essen und die Minen, offenbar waren die meisten hier ansässigen Männer und Frauen einfache Bergleute oder Handwerker, die sich darauf verstanden Metall zu verarbeiten. Dann würde sie also genau das sein… Sie betrat die Taverne und verlangte nach einem Zimmer. Auf ihren Namen angesprochen antwortete sie “Rinka”. Früh am nächsten Morgen verließ sie das Zimmer, beschaffte sich eine Spitzhacke und machte sich auf in die Mine. Sie fand nicht wirklich etwas, sie wusste auch nicht genau wonach sie ausschau halten sollte, doch in dem einsamen Schacht hatte sie das Gefühl dass es ausreichend war, wenn man dachte sie würde arbeiten. Am Abend hatte sie Schmerzen in den Armen und Händen, und beschloss es die nächsten Tage noch ruhiger anzugehen und statt wirklich zu arbeiten lediglich den Anschein zu erwecken. Sie rieb ihre Arme und Gesicht mit Kohlestaub ein um ihre Tätowierung im Gesicht ein wenig zu verdecken und hielt sich des Abends in einer Ecke der Taverne nahe der Tür auf, wo sie schweigend etwas aß und trank. Hin und wieder blickte sie auf, wenn die Tür sich öffnete und lauschte ansonsten schweigend den Gesprächen der Anwesenden. Die Vermummte hatte gesagt sie solle auf einen kaiserlichen Kaufmann warten. “Rinka” hatte sich die Beschreibung wieder und wieder ins Gedächtnis gerufen. Ein Mann mit Bart und langem, schwarzem Haar. Mit etwa vierzig Jahren hoffte sie insgeheim, dass er seine besten Jahre schon hinter sich hatte, auch wenn die Tatsache das er vermutlich ebensoviel Blut wie Tharn an seinen Händen kleben hatte ihr nicht unbedingt Hoffnung machte. Er sollte auch eine auffällige Kette tragen. Das Metall selbst sagte ihr zwar nichts, doch die Frau hatte gesagt es sei etwas dunkler als Gold und zumindest goldenes Geschmeide kannte sie. Oft genug hatte sie wenig mehr tragen als das tragen müssen, wenn sie vor dem Tisch des Wucherers gelegen und dieser andere zwielichtige Gestalten empfangen hatte. Tage vergingen und mit ihnen wurde sie immer unruhiger. Nachts saß sie oft wach auf dem Bett, starrte in die Flamme der Kerze und hoffte die innere Aufgewühltheit würde sich endlich auflösen, auf die eine oder die andere Art und Weise...
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